Thomas Bargatzky: Mana, Macht und Mythen. Tradition und Moderne in Australien und Ozeanien

Collectanea Instituti Anthropos 50


Die modernen Nachfahren der Ureinwohner Australiens und Ozeaniens bewegen sich virtuos zwischen Moderne und Vormoderne. Wer sich für ihre Kulturen interessiert, durch die sie die Moderne gleichsam ,umgehen', muss deren voreuropäische mythische Prägung ernst nehmen. Der Mythos ist nicht ,irrational', sondern er bietet eine rationale Grundlage für das Denken und Handeln, wenn die Zugehörigkeit zum Familienverband oder Clan auch heute noch die Voraussetzung für den Lebenserfolg des Einzelnen ist. Auch Gottheiten und vergöttlichte Ahnen sind Gruppenmitglieder. Der Mythos wird nicht ,durch die Wirklichkeit widerlegt', sondern er schafft eine Vorstellung von der Wirklichkeit, durchleuchtet sie und erschließt ihren Sinn. In Erzählungen und Liturgien gibt er Anleitungen für das richtige Handeln durch die Vergegenwärtigung von verpflichtenden Stiftungstaten aus der Urzeit, der sog. Traumzeit. Beispiele
aus der mythischen Vergangenheit zeigen die Fähigkeit der Menschen, die Moderne in ihre traditionelle Weltanschauung einzubinden.


Thomas Bargatzky (geb. 1946 in Brannenburg am Inn) studierte Ethnologie, Altamerikanistik und Soziologie in München und Hamburg. 1977 promovierte er an der Universität Hamburg. Nach der Habilitation an der
Universität München 1988 und der Ernennung zum Privatdozenten hatte er Vertretungsprofessuren in Tübingen und Heidelberg inne und wurde 1990 zum Professor für Ethnologie an der Universität Bayreuth berufen. 1998 war er Gastprofessor an der Universität Wien. Er war Foreign Visitor am East-West Center in Honolulu, Hawaii (1994) und zwei Mal (2007 und 2009) Visiting Scholar an der Indiana University in Bloomington, Indiana, USA. Er führte ethnologische Feldforschungen in Samoa (Polynesien) und ethnologische Forschungsreisen im nordamerikanischen Südwesten durch. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Religion und Mythos, traditionale politische Strukturen und Nationenbildung, interkulturelle Kommunikation und Sicherheitspolitik.

 

ISBN 978-3-89665-798-5 (Print)
ISBN 978-3-89665-799-2 (ePDF)