Die mündliche Tradition von Nias begann vor ca. 600 Jahren mit der Einwanderung einer kleinen Gruppe von der Westküste Sumatras nach Südnias. Die Physiognomie der Bewohner weist oft chinesische Züge auf. Die mündliche Tradition berichtet vom Beginn der Ahnenfiguren (adu) und von der Ahnenverehrung in Gomo, Börönadu. Hier in Gomo fanden diese Einwanderer ihre erste Heimat auf Nias. Sie brachten die Sitte, das Adat-Recht, mit. Sie führten die Schmiedekunst und das Zimmermannshandwerk ein. Jetzt erst konnte sich die einzigartige Architektur der niassischen Pfahlhäuser entwickeln. Die mündliche Tradition berichtet von den Errungenschaften dieser Neuzeit.
Die Saembu-Figur in Gestalt einer schönen Frau und Göttin sowie die Tigerfigur werden in Prozession umhergetragen. Bei der Feier dieser beiden Prozessionen geht es darum, die Rechtsversammlung zur Erneuerung, Formulierung und Bestätigung der beschlossenen Gesetze abzuhalten. Das formale Recht und das informale Brauchtum lenken das Verhalten des Individuums innerhalb der Nias-Gesellschaft. Ein jedes Dorf, das sich zu einem der beiden Symbole bekennt, versammelt sich im Ursprungsdorf seiner Sippe. Alle Dörfer, die unter einem dieser beiden Symbole vereinigt sind, tanzen sieben Tage lang Faluaya in ihrem jeweiligen Urdorf. Sie ziehen gemeinsam zum Gomo-Fluss dicht unterhalb von Onohondrö und werfen dort die Symbolfiguren in das Sumali-Becken hinab. Der Legende nach soll hier Mölö, der Urahn der Maenamölö- Sippen, das erste Dorf gegründet haben.
Johannes Maria Hämmerle OFMCap, geb. 1941 in Hausach/Schwarzwald, damals Mitglied der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz, studierte Philosophie und Theologie an den ordenseigenen Hochschulen in Krefeld und Münster; er wurde 1968 zum Priester geweiht und wirkt seit 1971 als Missionar auf der Insel Nias, Indonesien; seit 1981 ist er indonesischer Staatsbürger. 1993 gründete er die staatlich anerkannte Pusaka-Nias-Stiftung, 2008 eröffnete er das Pusaka Nias Museum. Seine Forschungen befassen sich mit der Kultur von Nias, der Sammlung mündlicher Überlieferungen, archäologischen Ausgrabungen, DNA-Tests zur Bestimmung der Ethnogenese und einheimischer Heilkunst. Verschiedene Veröffentlichungen in Niassisch, Indonesisch, Englisch und Deutsch dokumentieren seine ethnografisch-ethnologische Forschungsarbeit (http://www.museum-nias.org).